STUDIO FOR PROPOSITIONAL CINEMA
The Camera of Disaster
3. April – 25. September 2022

Ausstellungseröffnung: Sonntag, 3. April, 12 Uhr
Begrüßung: Felix Heinrichs, Oberbürgermeister der Stadt Mönchengladbach
Einführung: Susanne Titz & Haris Giannouras
Ausstellungsgespräch um 14 Uhr: mit Boaz Levin, Autor, Kurator und Künstler, Berlin/Jerusalem

In der Ausstellung „The Camera of Disaster“ des Studio for Propositional Cinema erscheint die Fotografie als ein Medium, das vom Aussterben bedroht ist. Angesichts unserer kulturellen und ökologischen Krisen richtet die Ausstellung einen Blick auf die Schwachstellen der fotografischen Bilderzeugung und schlägt ein paar archaische fotografische Techniken vor, die dazu beitragen könnten, ihr langfristiges Überleben zu sichern. Das Ancient Knowledge Survival Kit (dt. sinngemäß Überlebensausrüstung alter Wissensfelder) des Studio for Propositional Cinema sagt, dass „sobald die Fotografie die analoge Welt vollständig verlassen hat, alle bildgebenden Werkzeuge und die Bilder, die sie produzieren, nicht mehr uns gehören. Das wird uns erblinden lassen. Wir können die Möglichkeit retten, unsere eigenen Bilder zu machen, wenn wir die Kontrolle über den Apparat zurückgewinnen, der die Bilder herstellt, indem wir die Anleitungen und das Wissen zu ihrer Herstellung für alle offen und verfügbar machen und indem wir die Netzwerke für ihre Verbreitung aufbauen und sichern, genauso wie im so genannten finsteren Mittelalter unerlaubtes Wissen bewahrt und weitergegeben wurde.“ 

Mit der kompletten Umwandlung von analoger zu digitaler Technik in den letzten zehn Jahren, einer Entwicklung, die zum Verlust von technischem Wissen und dem Konkurs der analogen Fotofirmen und ihrer Produkte geführt hat, weiß die überwältigende Mehrheit der Menschen nicht mehr, wie man ein Foto ohne Smartphones macht;  Geräten, die letztlich vollkommen außerhalb unserer Kontrolle liegen. Zudem zeigt uns die Beziehung der Fotoindustrie zur spezialisierten hohen Chemie, dass selbst die analoge Technologie ein unvollkommenes Ideal für langfristig freie Nutzungen war. Angelehnt an William Henry Fox Talbots Buch von 1844 The Pencil of Nature – das erste Fotobuch überhaupt, in dem Fox Talbot, einer der Haupterfinder der Fotografie, die verschiedenen technischen und bildlichen Möglichkeiten des Mediums demonstrierte – will diese Ausstellung das fotografische Medium befreien von der industriellen Kultur, in der es groß geworden ist und geblühte. 

Die Ausstellung betreibt eine Art Wiederaneignung der Produktionsmittel, und stellt eine Zukunftstechnik der Bilderzeugung vor, die möglich ist, falls Fotografie verboten werden sollte oder falls all unsere Technologien in einer Katastrophe verloren gehen sollten, dem Zusammenbruch der Stromnetze oder dem der industriellen Produktion. Es ist ein Aufruf zur Rettung der Fotografie an sich, doch mehr noch eine exemplarische Betrachtung der Fotografie als eines unserer Kommunikations- und Ausdrucksmittel, die Gefahr laufen, an Unternehmen und Regierungen übergeben zu werden, welche dann – ganz nach Belieben – ihre Nutzung kontrollieren werden. „The Camera of Disaster“ baut auf mehreren Ausstellungen auf, die das Studio for Propositional Cinema zwischen 2016 und 2019 im Kunstverein Düsseldorf, dem Swiss Institute in New York, der Kunst Halle Sankt Gallen, und der Fondazione Morra Greco in Neapel, zeigte. Diese Projekte entwickelten in der Form verschiedener Essays, einem Bühnenstück, einem Opernlibretto und einem epischen Gedicht eine Reihe miteinander verbundener Figuren und Erzählungen, die sich mit der zunehmenden kulturellen und ökologischen Entropie und deren sichtbaren Warnzeichen in unserer aktuellen Gegenwart auseinandersetzen. Diese Werke sind nicht nur Reaktion auf die düsteren Diagnosen unserer zum Untergang verurteilten Zukunft, sondern auch, wie das Studio for Propositional Cinema in seinem jüngsten Buch „Myths and Manifestos“ (dt. Mythen und Manifeste) formuliert, hoffnungsgeladene „Ratgeber, welche die unsere künftigen Ruinen imaginieren, damit diese Ruinierung ein Nebelhorn ertönen lässt, das die Zukunft davon abhält, unsere Katastrophe zu wiederholen. Und hin zu der Zukunft lenkt, die wir hätten haben können und, wenn wir wollen, immer noch haben können.“ Mit anderen Worten: ein alternativer Weg am Ende der Straße. 

Im Zentrum der Ausstellung steht ein Benutzerhandbuch mit Werkzeugen, Texten und Bildern, das die nicht-industriellen Prozesse beschreibt, die für die Neuerfindung der Fotografie notwendig sind, wobei nur Zutaten und Techniken verwendet werden, die in diesem zukünftigen geografischen oder kulturellen Szenario wahrscheinlich verfügbar sind oder gefunden werden können. Dieses Handbuch wird inmitten einer neuen filmisch wirkenden Arbeit gezeigt. Diese zeigt einen narrativen Raum, in dem solche Prozesse notwendig geworden sind. Die Installation, die aus großformatigen fotografischen und textlichen Elementen besteht, baut auf der Praxis des Studio for Propositional Cinema auf, mit großformatigen Installationsarbeiten die Ausstellung als eine Erzählform zu nutzen. „The Camera of Disaster“ bietet eine quasi filmische Erfahrung, die die Betrachter*innen beim Durchqueren der Ausstellung, ihrer Texte und Bilder enträtselt: ein demontierter Katastrophenfilm mit einem vorsichtig hoffnungsvollen Ende.

Anlässlich der Ausstellung erscheint im Sommer 2022 ein neuer Kassettenkatalog mit Textbeiträgen von Juliana Demers, David Campany und Paulina Pobocha. Die Buchpräsentation findet am 23.06.2022 statt.

Die Ausstellung wurde gefördert durch die Hans Fries Stiftung, die Stiftung Kunstfonds und die Botschaft von Kanada.
Großzügige Unterstützung gaben die Firmen RECOMART und HALBE Rahmen.

Im Museum gilt das Tragen einer FFP2 Maske.

Museum Abteiberg
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